Glenury Royal 36 Jahre OA, 1968/2005, 2100 Flaschen, 51,2%:

Nase: Ein seltenes, sehr spezielles Geruchserlebnis: frisch, erquickend, äußerst lebendig und dynamisch – aber das Wichtigste: eine großartige Komplexität und verschiedene Geschmacksverzweigungen gepaart mit nicht enden wollender Entwicklung: kräuterlastig, frisch gemähtes Heu, Lavendel, ein wenig herb zugleich, ein edler „Gemischter Satz“; und dann eröffnet sich einem sinnbildlich ein Paradies an orangengetränktem Marzipan, Marschmellows, Rosenblättern, Aprikosen; ja sogar eine Spur Honig und Muskatnuss sind hinter einem Schleier von mineralischen und kalkigen Noten ganz deutlich zu vernehmen.
Der erste Schluck nach diesem sensationellen Geruchserlebnis ist leider eine gewisse Enttäuschung; da trägt aber die sehr hohe Erwartungshaltung sicher einen nicht unbedeutenden Teil dazu bei. Aber Achtung, die erste Berührung mit dieser Abfüllung – die sehr deutlich holzige, trockene Noten in den Vordergrund rückt - täuscht und schon der zweite Schluck entschädigt wieder zusehends: Ein voller, für dieses Alter äußerst rüstiger Körper – der aber nichtsdestotrotz aufgrund des Alters schon ein klein wenig an Kraft abgebaut hat - bildet das massive stabile Knochengerüst für einen sehnigen Muskelprotz aus dominanten, Holz, polierter Eiche, Kalkgestein, gerösteten Nüssen, kalten Kräutertee und bitterem Gin-Charakter, auf dem wiederum die verschiedensten herben Marmeladensorten (zB Moorbeere), bittere Zitrusfrüchte, wie etwa Grapefruits und Kumquats, und „Grand Marnier“ und Bratäpfeln aufsetzen.
Der Abgang erinnert noch mehr an einen sehr sanften, exquisiten Gin, aber sehr trocken werdend. Eine leichte Brackigkeit und Schilfnoten geben sich ein verspieltes Stelldichein mit Trockenfrüchten und Kletzenbrot.
Geruchlich steht diese Abfüllung am Zenit, geschmacklich scheint er mir diesen schon leicht überschritten zu haben, aber das ist nörgeln auf sehr hohem Niveau.